Joseph Marx
(1882–1964)

Meister des romantischen
Impressionismus
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Joseph Marx und das Dritte Reich


AKTION WIEDERUMBENENNUNG IN "JOSEPH-MARX-MUSIKPREIS"

Im Jahre 1989 wurde der "Joseph-Marx-Musikpreis" - der 1947 von der steiermärkischen Landesregierung gestiftete höchste Musikpreis des Landes Steiermark - in "Musikpreis des Landes Steiermark" und danach in "Johann-Joseph-Fux-Preis" umbenannt. Dies war das Ergebnis einer skandalösen Nazi-Verleumdungskampagne gegen einen vor vielen Jahren verstorbenen Komponisten, der sich leider nicht mehr persönlich dagegen zur Wehr setzen konnte. Die Umstände dieser Umbenennung sind dem Autor dieser Internetseite bekannt und können per Email an e-Mail   erfragt werden. Die Besucher dieser Internetseite werden dazu eingeladen, nach der Lektüre des folgenden Kapitels ihre Meinung oder ihr eigenes Wissen zu diesem Thema mitzuteilen, indem sie mir beispielsweise eine Email an e-Mail   schicken oder sich in mein Gästebuch eintragen (gern auch anonym).

Denjenigen, die für die Entstehung und das Weiterleben dieser tragischen Gerüchte und Irrtümer verantwortlich zeichnen oder sie ungeprüft geglaubt haben, ist offensichtlich nicht bekannt, daß Joseph Marx von allen in der ganzen Welt vertreut lebenden Menschen, die ihn noch persönlich gekannt und erlebt haben, in jeder Hinsicht hochgeschätzt und verehrt wird. Sein Name wird von Kennern der österreichischen Musikszene unmittelbar mit Graz und dem Land Steiermark in Verbindung gebracht, da allgemein bekannt ist, daß Marx trotz seiner fünfzigjährigen Tätigkeit in Wien immer im Herzen mit Graz und der Steiermark verbunden blieb. Daß ihm die verdiente Anerkennung gerade in seinem eigenen Land (und ausgerechnet am extremsten in seiner eigenen Heimatregion) verwehrt wird, ja daß er sogar völlig zu Unrecht - und in diesem Falle auch vorsätzlich - noch bis heute von einigen Kreisen als "Nazi-Freund" gebrandmarkt wird, ist ein mittlerweile unerträglich gewordener Mißstand, den es zu beenden gilt.

DAHER WIRD DAS LAND STEIERMARK HIERMIT DAZU AUFGERUFEN, DEN O.G. PREIS WIEDER IN SEINEN RECHTMÄSSIGEN NAMEN "JOSEPH-MARX-MUSIKPREIS" ZURÜCKZUBENENNEN, um dieser durch einen fatalen Irrtum verursachten, teils sogar absichtlichen Verunglimpfung des Namens Joseph Marx ein Ende zu bereiten und dem wohl größten Künstler, den die Steiermark je hervorgebracht hat, endlich die verdiente Ehre zu erweisen.
Meine Aktion wird von mehreren noch lebenden Schülern des Komponisten und von weiteren Kennern unterstützt, außerdem ausdrücklich und namentlich von Joseph Marx' Erben sowie von dem bekannten Musikprofessor Wolfgang Suppan *), der als einer der letzten Marx-Schüler mit seinem Namen dafür einsteht, daß Marx weitab jeder nationalsozialistischen Ideologie gelebt und gelehrt hat. Ich danke allen Menschen, die sich mit dieser Aktion solidarisch erklären.

*) Prof. Dr. Wolfgang Suppan ist Landesobmann des Steirischen Blasmusikverbandes. Er war ab 1974 Ordinarius und Direktor des Instituts für Musikethnologie an der Kunst-Universität Graz. Darüber hinaus hatte er Lehrstühle und Gastprofessuren an Universitäten in allen Teilen der Welt.


Wie die obige Aktion schließlich ausging...

Ein Briefwechsel mit der Steiermärkischen Landesregierung hat gezeigt, daß man dort von Details über Joseph Marx - insbesondere von seinen vielfältigen Erfolgen, den von ihm jahrzehntelang bekleideten Ämtern in leitender Position in praktisch allen Bereichen des österreichischen Musiklebens und dem enormen, mehrere Jahrzehnte währenden Einfluß des Komponisten, Musiktheoretikers und Pädagogen auf Tausende von Musikern aller Sparten in Österreich und vielen anderen Ländern - leider keine Kenntnis besitzt.
Ganz offensichtlich hatte man sich nach Erhalt meines Briefes, trotz meines darin enthaltenen expliziten Hinweises auf meine Internetseite, noch nicht einmal die Mühe gemacht, sich wenigstens ansatzweise über das umfangreiche musikhistorische Erbe des zu Lebzeiten hochgeschätzten Meisters zu informieren.
Zur Verdeutlichung hier ein kurzer, nicht aus dem Zusammenhang gerissener Auszug aus der Antwort der Steiermärkischen Landesregierung: "Über Johann Joseph Fux hat die internationale Musikgeschichte jedenfalls ein unangefochten positives Gutachten gefällt. Dasselbe kann in gleicher Weise [...] über Joseph Marx nicht gesagt werden."
Die im zweiten Satz enthaltene krasse Falschaussage und einiges andere aus dem besagten Brief wurde von mir daraufhin in einem Antwortschreiben mit aller gebotenen Präzision widerlegt, doch wie nicht anders zu erwarten, erhielt ich darauf keine Reaktion mehr. Dabei hätte man diesen Fall ruhig mal als Gelegenheit dafür nutzen können, "Fehler im System" zu erkennen und angestaubte Irrtümer aus der Welt zu schaffen.
Wie dem auch sei, ich habe mich schließlich dazu entschieden, nicht mehr weiterzubohren und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Allerdings soll der obige Infokasten zu Informationszwecken weiterhin hier stehenbleiben.

*



Eine gute Zusammenfassung dieses Kapitels über das Wirken von Joseph Marx während der kritischen Jahre 1933-45 finden Sie in einem von mir verfaßten Marx-Artikel, der in der Ausgabe März 2006 der Österreichischen Musikzeitschrift erschienen ist. Lesen Sie den vollen Wortlaut:

 Marx-Artikel in der Österreichischen Musikzeitschrift (März 2006)




Hierzu sollte man sich unbedingt den folgenden Auszug aus einem exzellenten Artikel von Dr. Peter Vujica anschauen, der auf der Seite

http://www.kultur.steiermark.at/cms/beitrag/10106964/2168749/


veröffentlicht ist:

Zitat Beginn:

Die Nachwirkungen dieser vom traditionellen Regelkanon befreiten und der Subjektivität des Ausdrucks verpflichteten musikalischen Ästhetik spiegeln sich mit besonderer Deutlichkeit im Schaffen von Joseph Marx (1882 - 1864). Seine 1906 erstmals in seiner Geburtsstadt Graz uraufgeführten melodisch schwärmerischen Lieder, in denen Hugo Wolfs Harmonik in Richtung Impressionismus weiterentwickelt wird, haben ihn in kürzester Zeit internationale Beachtung verschafft. Sie wurde durch sein symphonisches Schaffen, das in seinen bekanntesten Beispielen (Herbstsymphonie, Feste im Herbst) die Schönheit der südsteirischen Landschaft in rauschhaften Orchesterklängen wiederzugeben versucht, noch gesteigert.

Die orgiastische Klangüppigkeit seiner zur Zeit ihrer Entstehung als durchaus fortschrittlich geltenden Werke kehrte sich in seinen späten Jahren zur biographischen Verleumdung: Weil sein Schaffen den ästhetischen Normen der NS-Zeit entsprach, bezichtigte man ihn auch der politischen Kollaboration mit deren Machthabern.

Das führte sogar so weit, dass das Land Steiermark noch im Jahr 1989 seinen nach ihm benannten großen Musikpreis in Johann-Joseph-Fux-Preis umbenannte, auch wenn der neue Namenspatron (1660 -1721), wohl in der Umgebung von Graz (Hirtenfeld bei St. Marein) geboren, seiner Heimat sehr früh und auf immer den Rücken kehrte: In den Annalen der Grazer Jesuitenuniversität über das Jahr 1680 steht neben seinem Namen der Vermerk, "profugit clam", das soviel heißt wie, er hat sich heimlich davon gemacht.

Nicht nur im Fall von Joseph Marx wurde das stilistische Festhalten an der Tonalität für allmählich auf den Plan tretenden Wegbereiter der musikalischen Moderne zum Anlass für politische Verdächtigung.

Der Antagonismus der musikästhetischen Ansichten steigerte sich in den 50-er Jahren zum offenen Kampf: Anlass dazu bot vor allem das Wirken des 1952 zum Landesmusikdirektor bestellten Musikpädagogen Dr. Erich Marckhl (1902 - 1980), der (trotz einschlägiger NS-Vergangenheit) mit der Gründung des Studios für Probleme zeitlich naher Musik eines der wenigen Foren schuf, in der experimentellere Formen des aktuellen Musikschaffens präsentiert wurden. So kam Pierre Boulez schon Mitte der 50-er Jahre zu einem Konzert nach Graz, in dem er nach der Aufführung seines Marteau sans maître auch mit der Aufführung seiner 3. Klaviersonate als Pianist hervortrat.

Derlei, damals nicht einmal vom Fachpublikum wahrgenommene Aktivitäten banden öffentliche Mittel, um die sich jene Komponisten geschmälert sahen, die sich noch den mittlerweile traditionell gewordenen Maximen der impressionistischen Romantik à la Joseph Marx verpflichtet fühlten.

Sie sammelten sich im Steirischen Tonkünstlerbund, zu dessen Ehrenpräsidenten man Joseph Marx gemacht hatte und dem dessen einstiger Schüler Ernst Ludwig Uray (1906 - 1988) vorstand. In dieser Formation befanden sich zum Teil namhafte steirische Komponisten wie Hanns Holenia (1890 -1972), Artur Michl (1897 - 1965) und Josef Kolleritsch (1897 - 1966). Dessen Neffe, Otto Kolleritsch (geb. 1934), wird als langjähriger Rektor der auf Erich Marckhls Betreiben 1963 aus dem Steiermärkischen Landeskonservatorium hervorgegangenen Grazer Musikuniversität noch bis zum Jahr 2007 fungieren.

Zitat Ende



*

Aus einem Brief von Ernst Fischer an Marx (11.05.1962; zu Marx' 80. Geburtstag):
"In Ihrer Musik leuchtet verklärt die österreichische Landschaft, Rebenhügel, goldenes Herbstlaub, der helle Himmel drüberher, Melancholie und Liebenswürdigkeit, Vitalität und das Leben, ein Traum, romantisch verzaubertes Österreich. Ihre Persönlichkeit, die jeden Teufelspakt zurückwies und zu keinem Zugeständnis an Eroberer und Machthaber bereit war, ist über die Grenzen dieses Landes hinausgewachsen. Ihre Phantasie ist nicht Rückzug der Wirklichkeit, und was melodisch in ihr tönt, ist ein tapferes Herz. Daraus wächst auch Ihr Humor, der das Gegenteil österreichischer Schlamperei ist, nämlich Attacke gegen alles Aufgeblasene, respektlose Haltung vor jeder Obrigkeit. Ihr scharfer Witz hat stets Ihre milde Musik ergänzt. Sie haben nicht nur Rhythmus sondern Rückgrat. Und das ist hierzuland höchst rühmenswert. So haben Sie Dank, lieber Meister, für Ihre Kunst und Ihre Mannhaftigkeit."

Außerhalb Österreichs kaum bekannt ist, daß Joseph Marx (Josef Marx) in seinem Heimatland seit mehreren Jahrzehnten eine gewisse Nähe zum nationalsozialistischen Regime nachgesagt wird. In diesem Zusammenhang gab es gelegentlich "Denunziationen" sowie Äußerungen der Art "Marx, der Nazi-Anbiederer" oder "Nazi-Freund". Nicht wenige glauben sogar, daß Marx ein "anerkannter Nazi" gewesen sei.

Auch Künstler wie Richard Strauss, Wilhelm Furtwängler, Hans Pfitzner, Walter Gieseking oder Oskar Sala wurden schon mit dem NS-Regime in Verbindung gebracht. Dies hatte von Fall zu Fall unterschiedliche Ursachen. Nicht selten ist ein grundlegendes Informationsdefizit über die Geschehnisse und Hintergründe der damaligen Zeit festzustellen, gepaart mit mangelnder Bereitschaft dafür, den Schleier der Geschichte zu lüften, unkonventionelle Wahrheiten ans Tageslicht zu bringen und die Dinge von allen Seiten zu betrachten. Doch auch die besonders in der heutigen Zeit weit verbreitete Tendenz zu politischer Korrektheit sowie die Verlockung, sich - vorwiegend aus Bequemlichkeit - eine weitverbreitete Meinung anzueignen, hat unweigerlich zur Folge, daß eine vorurteilslose Auseinandersetzung mit einem solchen Thema praktisch unmöglich wird.

Die folgende Betrachtung in Form einer Gegenüberstellung von Fragen und Fakten, die der erstmaligen Aufklärung dieser Thematik dienen soll und sich teilweise auch auf andere Künstler jener Ära übertragen läßt, möge dem Leser dabei helfen, sich ein objektives Bild zu machen. Die hier zusammengestellten Informationen sind den im Kapitel "Bibliographie" genannten Biographien und Schriften entnommen und stützen sich zudem auf Dutzende von mir selbst geführte Gespräche mit Menschen, die mit Joseph Marx zum Teil jahrzehntelang beruflich und privat zu tun hatten. Außerdem werde ich bei meinen folgenden Ausführungen den Inhalt von über einhundert Briefen zugrunde legen, die Marx über einen Zeitraum von fünf Jahrzehnten geschrieben hat. Eine Schlußbetrachtung soll dieses Kapitel abschließen.

 
Mir wurde inzwischen mitgeteilt, daß ich mit diesem Artikel in ein kulturpolitisches Wespennest gestochen hätte und diesen Artikel besser entfernen (oder gar nicht erst hier veröffentlicht haben) sollte, da dies meiner auf die Verbreitung der Musik von Joseph Marx abzielenden kulturellen Arbeit hinderlich sein und sich insoweit kontraproduktiv auswirken könnte. Mein zu dem in Österreich wohl sehr heiklen Thema "Drittes Reich" angesammeltes Wissen - insbesondere in Bezug auf Joseph Marx - habe ich zahlreichen langen Gesprächen mit einer Reihe von betagten Musikwissenschaftlern und Historikern verschiedenster politischer und kulturpolitischer Färbung sowie dem Studium vieler Zeitungsartikel und anderer Schriften aus der damaligen Zeit zu verdanken. Daher verbürge ich mich hiermit für die inhaltliche und fachliche Korrektheit dieses Artikels und versichere, daß meine Ergebnisse hier so "unparteiisch" und objektiv wiedergegeben sind, wie es mir nur irgend möglich ist. Und ich bin absolut überzeugt, daß dieser Artikel hier einfach sein MUSS, weil er die einzige Möglichkeit darstellt, sich jenseits von Gerüchten und "Hörensagen" über dieses Thema zu informieren.



War Joseph Marx ein Nazi-Freund oder zumindest ein Konformist oder Opportunist?

Als ausgesprochener Individualist und völlig der Kunst und Musik verschriebener Mensch hat Marx sich zeit seines Lebens niemals eindeutig zu irgendeiner politischen Richtung bekannt. Aufgrund seiner auf dem Prinzip der Tonalität beruhenden, konservativen Haltung als Musiktheoretiker und seiner bereits etablierten Position als einer der führenden Musikwissenschaftler Österreichs war er jedoch für das Propagandaministerium von großem Interesse, so daß es den NS-Funktionären gelang, Marx bis zu einem gewissen Grade für politische Zwecke zu benutzen (so wie es auch einer Vielzahl anderer Künstler und Personen des damaligen Kulturlebens erging). Dies zeigt sich vor allem darin, daß Marx Reden gehalten hat, in denen er insbesondere die Konzerttätigkeit und die Vielseitigkeit des Musiklebens im NS-Staat - und einmal auch die musikalische Volkserziehung im faschistischen Italien - lobte (was übrigens der Hauptauslöser für die später gegen ihn erhobenen Nazi-Anschuldigungen sein dürfte). Auffallend ist jedoch, daß Marx in seinen derartigen Reden konkrete politische Aussagen unterließ und sich einzig auf die Beurteilung von kulturellen Leistungen auf dem Gebiet der Musik bzw. des kunst- und musikgeschichtlichen Erbes und auf diesbezügliche Empfehlungen beschränkte, also auf Themen, über die er sich ein Urteil erlauben konnte.


Foto von Marx aus einer besseren

Dieses Foto stammt aus einem Brief, den Marx einem namentlich leider nicht mehr ermittelbaren Freund schrieb. Man beachte die von Marx oberhalb des Fotos mit Schreibmaschine eingetippte Grußbotschaft:
Dieses Bild stammt aus einer besseren ("führerlosen") Zeit..
Zahlreiche Quellen (ob Briefe oder mündliche Überlieferungen) belegen, daß Joseph Marx nie einen Hehl aus seiner Haltung zum Nationalsozialismus und zu dessen Auswirkungen auf Österreich gemacht hat.

Aus Gründen des Selbstschutzes mußte auch der in Graz schon seit 1910 und in ganz Österreich seit ca. 1920 (also lange vor der Machtergreifung durch das NS-Regime) hochgeachtete Marx diplomatisch vorgehen und sich auf eine schwierige Gratwanderung begeben. Das Propagandaministerium kannte Mittel und Wege, unkooperative Künstler an ihrer empfindlichsten Stelle zu treffen, indem ihre Werke mit einem Aufführungs- oder Veröffentlichungsverbot belegt wurden. Weiterführende Maßnahmen bestanden bekanntermaßen darin, Personen einfach ihres Amtes zu entheben und ihrer Existenzgrundlage zu berauben, und nur allzuoft wurden Schriften und Notenmaterial vernichtet; so wurden Kompositionen und literarische Werke vieler auch nichtjüdischer Künstler verbrannt oder gingen auf andere Weise für immer verloren. Umgekehrt wurden während des 2. Weltkriegs vielen Künstlern (Berger, David, Egk, Gerster, Kurt Hessenberg, Höffer, Höller, Pepping, von Reznicek, Trapp, Weismann, Zilcher) - darunter auch Marx - sogar Zuschüsse gezahlt, um sie bei der Stange zu halten und aus ihren Reaktionen politischen Nutzen zu ziehen (vgl. "Musik im NS-Staat" von Fred Prieberg, S. 267). Hinweise darauf, daß Marx die obengenannten Reden mit Aussicht auf diesen Zuschuß gehalten haben könnte, ließen sich jedoch in keiner der vorhandenen Quellen finden. Es wird in diesem Zusammenhang nur allzu oft vergessen, daß Marx als Komponist, der über Jahrzehnte hinweg die schillernde Hauptfigur der tonalen Musik Österreichs war, von den aufkommenden Vertretern der modernen Musik fast völlig verdrängt zu werden drohte. Daher ist davon auszugehen, daß er seine besagten Reden als Plattform zur Vermittlung seiner musikalischen Standpunkte benutzen wollte, wobei er sogar so weit ging, eine Einflußnahme des Staates bei der kulturellen Erziehung des Volkes gutzuheißen. Dies hatte jedoch aus Sicht von Marx nichts mit dem jeweiligen politischen System zu tun, sondern er trat - unabhängig von politischen Gesichtspunkten - nur für die Erhaltung der kulturellen, künstlerischen und geistigen Belange ein. Diesbezüglich muß auf einen entscheidenden Punkt hingewiesen werden, nämlich daß Marx in den Jahren 1935 bis 1945 - also exakt in dem Zeitraum, zu dessen Beginn Mitteleuropa unter dem Einfluß des Dritten Reiches langsam in kriegerische, vom Künstlerischen und Feingeistigen weit entfernte Gefilde abzugleiten drohte (was Marx schon früh erkannt hatte) - rein klassizistisch komponiert hat ("... in modo antico", "... in modo classico", Alt-Wiener Serenaden), wohl nicht nur als Reaktion auf die Musik der Avantgarde und als pädagogischer Leitfaden für Jungkomponisten, sondern weil er daran glaubte, auf diese Weise die hohen geistigen Werte, für die er stets eingetreten war, bewahren und in bessere Zeiten "rüberretten" zu können.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß Marx in der Endphase der NS-Herrschaft sämtliche Anfragen, weitere Reden zu halten, mit zum Teil unglaubwürdigen und für das Reichspropagandaamt gewiß inakzeptablen Ausreden abgelehnt hat, z.B. "wegen Prüfungen meiner Studenten" oder noch besser "kein Geld für die Bahnfahrkarte", woraufhin übrigens das Propagandaamt dreist die Zusendung einer Bahnfahrkarte ankündigte.

Aus meinen Gesprächen mit Hinterbliebenen von Marx' damaligen Freunden ergibt sich ein Bild, wonach Marx ein charismatischer und sehr freimütiger Nonkonformist gewesen sein muß, der im Gespräch mit NS-Funktionären ohne Rücksicht auf Verluste "seine Meinung sagte" und "sich keinesfalls für irgendetwas benutzen ließ". Einer meiner Gesprächspartner erzählte, daß Marx, der laut allen mir bekannten Anekdoten ohne jeden Zweifel ein Meister der Ironie war, nicht davor zurückschreckte, NS-Funktionäre "zum Narren zu halten". In nicht wenigen seiner Briefe hat Marx zudem seinen Unmut darüber geäußert, daß Österreich vom NS-Staat quasi verschluckt worden war.

Weiterhin fällt auf, daß Marx in seinem letzten Lebensabschnitt nach dem 2. Weltkrieg vielem von dem widersprach, was er zur Zeit seiner Einbindung in das Propagandaprogramm des Regimes geäußert hatte. Hieraus zu vermuten, daß Marx sich stets der jeweiligen politischen Landschaft in konformistischer Weise untergeordnet habe - ein weiterer Vorwurf -, muß angesichts der obigen Ausführungen und im Lichte der damaligen, überaus komplexen Verflechtungen zwischen Politik und Kunst als eine zu voreilige Schlußfolgerung erscheinen. Denn eines läßt sich mit Bestimmtheit sagen, nämlich daß Marx sich mit seinem in den 50er Jahren beginnenden, langsamen Rückzug aus dem öffentlichen Leben wieder auf seine nie versiegte innere Bindung zur Natur und seinen mystischen Hang zur Kunst konzentrierte, und so schildert Marx gerade in den aufschlußreichen ORF-Interviews aus dem Jahre 1952 eindrucksvoll, daß er im Grunde genommen sein Leben lang mit der Natur verbunden geblieben ist und sich seine offene Art und seine bekannte Überschwenglichkeit immer bewahrt hat. Auch seine vielen Privatbriefe aus den 50er Jahren belegen, daß es ihm immer darum gegangen war, Musik und Kultur als naturgegebenen und notwendigen Ausdruck der persönlichen, künstlerischen Freiheit des Menschen bzw. des Volkes zu propagieren. Und wie weiter unten noch gezeigt wird, gab es noch einen weitaus triftigeren Grund, der Marx in manchen Situationen dazu veranlaßte, sich den kultur- und musikbezogenen Plänen der Partei unterzuordnen.

An dieser Stelle soll kurz darauf hingewiesen werden, daß Marx auch schon vor seinem Studium der Philosophie ein Mensch mit einem metaphysischen Weltbild war. In zahlreichen Privatbriefen äußerte Marx, der hohe Ansprüche an das Kulturniveau eines Landes stellte und allgemein als literarisch und künstlerisch hochgebildeter Mann galt, seine Trauer über den zwischen den beiden Weltkriegen grassierenden Werteverfall und den zunehmenden Mangel an Interesse für die Ethik und die geistigen Dinge. Hier sei auch noch erwähnt, daß Marx in der Mehrzahl seiner Briefe den sehnlichen Wunsch zum Ausdruck brachte, seine zumeist weit entfernt lebenden Freunde öfter zu sehen, um mit ihnen endlich wieder die tiefgründigen Gespräche führen zu können, die er so schätzte.

 Ich möchte nun auf einige wichtige Ergebnisse über Joseph Marx hinweisen, die bei der Beantwortung der Frage nach evt. NS-Nähe und Opportunismus sicherlich hilfreich sein werden:

1. Joseph Marx, der einen riesigen Bekannten- und Freundeskreis hatte, war mit Menschen aller politischen Färbungen und Religionen eng befreundet, darunter auch mit berühmten Sozialisten und Kommunisten, mit einflußreichen Mitgliedern des Österreichischen Widerstands, mit Moslems (Marx-Schüler und Funktionäre aus Asien, vor allem aus der Türkei), mit Juden (die ihn, wie auf dieser Internetseite gezeigt wird, ganz besonders verehrten), mit Anhängern des NS-Regimes u.v.m. Die politische oder ethnische Herkunft seines Gegenübers spielte für Marx offensichtlich nicht die geringste Rolle, solange er jedenfalls menschlich oder musikästhetisch (Stichwort Tonalität) mit diesem Menschen auf einer ähnlichen Wellenlänge war.

Mir ist aus einem persönlichen Bericht seines Hausmädchens (die ihn während der wohl politisch brisantesten Zeit 1938-1943 jeweils während des gesamten Sommers in Graz tagtäglich erlebt hat), bekannt, daß ihm Gespräche über Politik absolut zuwider waren und er die Befürworter des "Anschlusses" Österreichs an das NS-Reich in keiner Weise unterstützte. Auch der zu jener Zeit besonders in Graz schon weitverbreitete Hitlergruß wurde im Hause Marx nicht geduldet.

2. Joseph Marx hat meines Wissens niemals einen Preis oder eine Ehrung abgelehnt - und er hat im Laufe seines Lebens bekanntlich unzählige erhalten. Von wem oder von welcher politischen Organisation diese Ehrungen kamen, war ihm anscheinend egal. Man muß es sich so vorstellen: Er freute sich, ging hin, nahm den Preis entgegen und sagte etwas Nettes (und oft nutzte er diese Gelegenheiten auch dazu, die von ihm abgelehnten Musikrichtungen (Zwölftonmusik und Neoklassizismus) zu kritisieren und ihre musikalische Daseinsberechtigung in Frage zu stellen).

3. Joseph Marx besaß im österreichischen Musikleben über mehrere Jahrzehnte hinweg eine geradezu unheimliche Machtstellung, deren Grundstein Anfang der Zwanziger Jahre gelegt wurde und die sich praktisch bis zum Ende seines Lebens hinzog. Kaum jemand kann sich heute bildhaft vorstellen, wie sehr dieser Mann umworben wurde und wieviele führende Funktionen und Ämter er praktisch in jeder Phase seines langen Berufslebens zeitgleich bekleidete. Es ist somit völlig verständlich, daß sich viele Leute fragen: Wie konnte Marx seine Machtstellung auch während der NS-Zeit beibehalten, ohne ein Nazi(-Kollaborateur) gewesen zu sein? Diese berechtigte Frage kann sich jeder selbst beantworten, indem er sämtliche in diesem Aufsatz zusammengetragenen Fakten in ihrer Ganzheit betrachtet. Der von Dr. Peter Vujica verwendete Begriff des "widerstrebenden Opportunismus", gepaart mit einer gewissen Portion politischer Naivität und der Nutzung jeder Gelegenheit, unliebsame Stilrichtungen in öffentlichen Reden kritisieren zu können, scheinen mir für das Phänomen Joseph Marx im Dritten Reich am ehesten eine Erklärung liefern zu können.

Trotz seiner kulturpolitischen Machtstellung, seiner hohen wissenschaftlichen Bildung und seines berühmt-berüchtigten Scharfsinns kann man Joseph Marx also letzten Endes eine politikbezogene Ausnutzbarkeit und Unbedarftheit unterstellen und muß zugleich festhalten, daß für ihn immer nur die musikalische Ästhetik, die für ihn eben nur innerhalb der Grenzen der tonalen Musik ihre Daseinsberechtigung hatte, im Vordergrund stand. Denn es wird allzu oft vergessen, daß Joseph Marx bereits mit seiner Dissertation aus dem Jahre 1909 und weiteren Schriften aus dieser Zeit von Anfang an - aufgrund eigener Erkenntnisse aus umfangreichen Tests an einer großen Zahl von Versuchspersonen! - die tiefe Überzeugung vertrat, daß die Tonalität ein unumstößliches Naturgesetz sei und das Gehör bzw. der menschliche Geist atonale Strukturen nur mit dem Intellekt erfassen könne und daher unweigerlich versuche, jeden atonalen Akkord durch ein "dem menschlichen Geist vertrautes" tonales Klangerleben zu ersetzen. Mit anderen Worten: Es war Marx aufgrund dieser innersten wissenschaftlichen Überzeugung gar nicht möglich, die avantgardistische Musik - zu der er übrigens auch den Neoklassizismus zählte - anzuerkennen. Für ihn stand daher an allererster Stelle, die Tonalität als einzig gültiges System durchzusetzen - und genau dies tat er dann auch sehr aktiv in seinen zahllosen Vorträgen. Doch dies machte es seinen Neidern und musikalischen Gegnern nach seinem Tode wiederum sehr einfach, ihn als erzkonservativen Reaktionär darzustellen (was er übrigens in seinen eigenen Kompositionen ganz und gar nicht war, denn diese galten zur Zeit ihrer Entstehung als fortschrittlich und wurden von den Traditionalisten sogar als "zu modern" bezeichnet!) und ihn aufgrund seines tonalen Ästhetikempfindens in die Nähe der NS-Kulturpropagandisten zu rücken, die ihn ja gerade WEGEN dieser zufälligen musikästhetischen Affinität und seiner seit vielen Jahren bestehenden Machtposition nur allzu gern umworben hatten. Wir haben es hier also mit einem hochinteressanten Phänomen der beiderseitigen Ausnutzung für die jeweils verfolgten Ziele zu tun. Hingegen ist - wie in diesem Aufsatz an anderer Stelle gezeigt wird - vielfach überliefert und belegt, daß Marx sich ansonsten in keiner Weise zum Spielball der Partei machen ließ, niemals mit ihrer Rassenpolitik sympathisierte und seine Machtstellung sogar gezielt dazu ausnutzte, jüdischen Verfolgten, die sich in großer Zahl verzweifelt an ihn wandten, auf verschiedenste Weise Hilfe zu leisten (siehe weiter unten). Interessant sicherlich auch die u.a. durch die Briefe von Jacques Paul de Menasce (1905-1960) belegte Tatsache, daß Marx auch in der Nachkriegszeit als „führende“ Persönlichkeit Österreich bei allen nationalen und internationalen Musikwettbewerben vertreten hat. Auch im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands lassen sich keinerlei belastende Hinweise gegen ihn finden. Man konnte ihm also - ganz im Gegensatz zu Größen wie Richard Strauss - nichts Nachteiliges nachweisen.




Ist es Zufall, daß viele Vertreter der Moderne, die Marx in seinen Arbeiten als Musikkritiker ignorierte oder verriß, Juden waren?

Marx strebte immer die hohen Ideale "bewährter Kunst" in Fortführung der Tradition der von ihm verehrten Meister Mozart, Haydn, Schubert, Beethoven, Brahms usw. an. Sein berühmter Spruch "Nicht alles, was tönt, ist auch Musik" ist kennzeichnend für seinen Standpunkt, daß Musik sich stets innerhalb der Grenzen der Tonalität abspielen sollte, wenngleich er diese Grenzen bisweilen etwas weiter zog, und zwar nicht nur in manchen Passagen seiner eigenen Werke, sondern ironischerweise auch in der Bewertung moderner Kompositionen, wenn Marx sich genau über diejenigen Werke der jungen Modernisten lobend äußerte, die zumindest noch tonale Elemente enthielten (interessant ist in diesem Zusammenhang auch, daß er einmal den Versuch unternahm, Schönberg an die Wiener Musikakademie zu holen). Seine sehr kritische Haltung gegenüber der Avantgarde manifestierte sich erstmals schon lange vor der Geburtsstunde des antisemitischen NS-Regimes. Andererseits war Marx mit vielen atonalen Musikern befreundet, und dies nicht nur in Form einer "friedlichen Koexistenz". Auch viele seiner Schüler, die sich bereits während des Studiums von der Tonalität abgewandt hatten, berichteten später, daß das Verhältnis zwischen ihnen und ihrem Lehrer Marx stets von gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägt gewesen sei und sie ihm eine umfassende musikalische Ausbildung zu verdanken hätten.

Schüler von Marx und deren Hinterbliebene erzählten mir zudem, daß zu Marx' großem Bekannten- und Freundeskreis auch viele Juden gehörten. Auf konkretes Fragen hin bestätigten sie, daß Marx keinerlei Tendenz zum Rassismus oder Antisemitismus gezeigt habe, sondern vielmehr ein weltoffener, geschätzter Mann gewesen sei, der keinen Unterschied bezüglich der Herkunft eines Menschen machte. Wie wir wissen, war Erich Wolfgang Korngold, der zeit seines Lebens mit Marx eng befreundet gewesen ist, ebenfalls Jude - genauso Franz Schreker, der gleichermaßen zu Marx' engerem Freundeskreis gehörte. Auch die Titel von Marxens Werken und die Liedertexte enthalten nicht einmal im entferntesten einen Hinweis auf nationalsozialistisches oder gar antisemitisches Gedankengut. Mir liegen ferner eine Reihe von Briefen vor, in denen langjährige Freundschaften zwischen Marx und verschiedenen, wegen ihres jüdischen Glaubens verfolgten und vertriebenen Kollegen und Freunden dokumentiert sind.

Ein weiteres interessantes Beispiel für die Vielfältigkeit der Person Marx ergab sich aus einem Gespräch mit einer Familie, die lange Jahre mit Marx eng befreundet war und mir berichtete, daß er seine Position als Gau-Musikleiter, zu dem man ihn angeblich ernannt hatte (diese Aussage über eine solche Ernennung konnte bisher noch nicht nachgeprüft werden!), dazu ausgenutzt habe, Juden zu helfen. Eine Information, die erneut ein ganz anderes Licht auf ihn wirft und zudem durch die in zahllosen, im Besitz der Nationalbibliothek befindlichen Briefen dokumentierte Tatsache gestützt wird, daß Marx alles in seiner Macht stehende dafür getan hat, die Werke jüdischer Künstler wieder in den Konzertsälen Österreichs zu etablieren. Dies dürfte ein weiterer Grund dafür gewesen sein, dass er sich den Plänen der NS-Funktionäre manchmal unterordnete; denn hätte er sich ihnen widersetzt, würde er sicherlich seine Machtposition in der Musikwelt eingebüßt haben, die ihm ja ermöglichte, den zahllosen Anfragen (auch von jüdischen Hilfesuchenden) nachzugehen. Auch hier ist Korngold als das wohl bekannteste Beispiel zu nennen, doch es liegen auch Briefe anderer jüdischer Künstler vor, die Marx in solchen Fällen auch noch lange nach dem Zweiten Weltkrieg um Hilfe baten. Die Vielzahl der Hilfsgesuche und Dankesbriefe zeigt, daß Marx allem Anschein nach sogar die erste Anlaufstelle für jüdische Kollegen gewesen sein muß. Man kann heute nur erahnen, in welch schwierige und mitunter kritische Situationen Marx sich selbst hineinmanövriert haben wird, als er zahlreichen vor dem Naziregime geflohenen und vertriebenen Künstlern den Weg dazu ebnete, wieder in ihrer Heimat Fuß zu fassen. Hier kristallisiert sich ein deutlicher Charakterzug der Person Joseph Marx heraus, denn wie auch bereits in der Biographie erwähnt, hat Marx vielen seiner Schüler, die einer zusätzlichen Förderung bedurften, sogar während seiner freien Zeit kostenlosen Privatunterricht erteilt. Angesichts der enormen Hilfsbereitschaft und Beliebtheit Marx' ist es somit höchst erstaunlich, ja eigentlich kaum nachvollziehbar, daß er über einen derart langen Zeitraum mit dem Etikett des "Nazi-Freundes" behaftet war und zum Teil immer noch ist. Noch eine hochinteressante, neue Information: Wie mir mehrere noch lebende Schüler von Marx mitteilten, wurde dieser insbesondere von seinen jüdischen Schülern geradezu vergöttert. Nicht wenige seiner Schüler und Freunde jüdischer Herkunft kamen nach dem Krieg eigens aus Amerika nach Österreich gereist, nur um ihren hochgeschätzten Lehrer und Freund Joseph Marx zu besuchen, so z.B. Herbert Zipper. Daß Marx von der großen Mehrheit seiner Schüler verehrt und noch bis zu seinem Tode mit zahllosen Briefen und Besuchen aus allen Teilen der Welt geehrt wurde, ist ohnehin bekannt, doch woher seine enorme Beliebtheit gerade bei seinen jüdischen Schülern kam, ist ungewiß. Eine eindeutige Aussage über eventuelle jüdische Vorfahren von Marx vermag ich nicht zu treffen. Eine (wenn überhaupt, dann weit in die Vergangenheit reichende) jüdische Abstammung von Joseph Marx läßt sich meinen Recherchen zufolge weder zweifelsfrei nachweisen noch widerlegen. Hier wird folgendes deutlich: Die teilweise mit Marxens Hilfe ins Exil geflohenen jüdischen Künstler, die Marx mit Dankesbriefen überhäuft und ihn zu jeder Zeit seines Wirkens "zutiefst verehrt" haben (Originalzitat mehrerer betagter Musikwissenschaftler, die ihn und seine jüdischen Schüler persönlich kannten), müßten es eigentlich am besten wissen, wenn Marx tatsächlich ein sich den Nazis anbiedernder Opportunist gewesen wäre. Daran muß auch der eingefleischteste Skeptiker erkennen, daß die Nazi- und Opportunismus-Bezichtigungen gegenüber Marx keiner näheren Prüfung standhalten.


An dieser Stelle möchte ich einen Zeitungsartikel von Dr. Peter Vujica ("Der Standard", 21. Oktober 2005) wiedergeben, der weitere eindrucksvolle Belege für die Unhaltbarkeit der gegenüber Marx erhobenen Nazi-Vorwürfe liefert.


Zitat Beginn:

Vor der Rückkehr eines Vergessenen

Nach 80 Jahren wird die einst von Publikum und Presse gefeierte "Herbstsymphonie" von Joseph Marx in Graz erstmals wieder aufgeführt

Damit wird in Marx Geburtsstadt nachdrücklich an ihren völlig in Vergessenheit geratenen Komponisten erinnert.

Graz – Wenn in Graz am kommenden Montag die letzte Woche des diesjährigen steirischen herbstes beginnt, wird diese Stadt Schauplatz der Aufführung eines monumentalen symphonischen Werkes, das seit 80 Jahren nicht mehr erklungen ist. Gemeint ist die Herbstsymphonie von Joseph Marx (1882–1964), die an besagtem Montag und auch am Dienstag – außerhalb des herbst-Programmes – im Stefaniensaal (19.45 Uhr) durch das Grazer Orchester "recreation" unter Michel Swierczewski faktisch ihre zweite Uraufführung erleben wird.

Klingende Landschaft

Atmosphärisch steht dieses Werk allerdings mit der Gründungsidee des Grazer Herbstfestivals in Zusammenhang – wollte man den steirischen herbst doch in jener Jahreszeit abhalten, die in der Steiermark als die schönste gilt. Dies war auch dem gebürtigen Grazer Joseph Marx schon Jahrzehnte zuvor nicht entgangen. Denn nicht nur in der Herbstsymphonie, sondern auch in anderen Werken wollte der in der Kunst wie im Leben in gleicher Weise dem Hedonismus frönende Komponist die herbstliche Farbenpracht des südsteirischen Weinlandes in schwelgerische Klänge verwandeln. Entstanden sind große Teile dieses Werkes übrigens in einem kleinen Haus im weststeirischen Dörfchen Salla, nicht allzu weit entfernt von Alban Bergs Schaffensklause in Trahütten. Vor Jahrzehnten wussten Zeugen noch von den Wutausbrüchen zu berichten, die das Gegacker der Hühner in Marx auslöste und die ihn brüllend hinter dem Federvieh herlaufen ließen. Offenbar blieb es schon in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts nur noch Hühnern vorbehalten, sich den Wünschen und Vorlieben des von Jugend an Erfolgsverwöhnten nicht zu fügen. Als Sohn eines Grazer Arztes und einer Pianistin schrieb er schon während seiner Gymnasialzeit sowie nach und während seines abgebrochenen Jus- und eines abgeschlossenen Philosophiestudiums bis zu seinem 30. Lebensjahr 120 seiner 150 Lieder, die ihn schlagartig berühmt machten. Von 1914 bis 1952 leitete er eine Kompositionsklasse an der Wiener Musikakademie. Zwischen 1924 und 1927 war er auch deren Rektor. Seine stilistischen Väter waren Claude Debussy und Alexander Skrjabin, was ihm zu Beginn seiner Laufbahn in Österreich spontan die Position eines Erneuerers, und innerhalb Europas uneingeschränktes Ansehen, sicherte. Zu seinen Freunden zählten neben Franz Schmidt und Erich Wolfgang Korngold u. a. Giacomo Puccini, Ottorino Respighi, Pablo Casals und Maurice Ravel. Letzteren holte Marx für die Jahre 1932/33, in denen er im Auftrag Kemal Atatürks das türkische Musikleben aufbaute, als seinen Vertreter nach Wien. Dass diese "Splendid Person" und ihr umfangreiches Werk heute gänzlich vergessen und auch von der in Mode stehenden Renaissance der österreichischen Spätromantik ausgenommen sind, hat mehrere Gründe.

Prinzip Tonalität

Der eine liegt wohl darin, dass Joseph Marx aus ästhetischen Gründen gegen die Musik der Zweiten Wiener Schule sowohl als Lehrer wie auch als scharfzüngiger Kritiker des Wiener Journals und der Wiener Zeitung heftig opponierte. Denn ähnlich wie für Ernest Ansermet galt auch für Marx die Tonalität als ein tief in der menschlichen Psyche verankertes Gefühlsprinzip. Aus diesem Grund hat er auch eine Berufung Arnold Schönbergs an die Wiener Musikhochschule verhindert. [Anm. d. Autors dieser Website: Dies ist eine Falschinformation. Marx hat - ganz im Gegenteil - 1922 den Versuch unternommen, Schönberg als Professor an die derzeit in der Gründungsphase befindliche Musikhochschule zu holen, doch Schönberg erteilte Marx in einem Brief vom 26.12.1922 eine Absage.] Nur allzu gerne keimt bei Betrachtung solcher biografischen Tatsachen dann der Verdacht, diese könnten nicht allein künstlerisch, sondern auch politisch oder gar rassistisch motiviert sein. Immerhin war Joseph Marx während des Dritten Reiches so etwas wie der Richard Strauss der Ostmark. Die Machthaber umwarben ihn. Sein Verhalten in dieser Zeit lässt sich am ehesten als widerstrebender Opportunismus bezeichnen. Vor allem als – allein schon wegen seiner imposanten Erscheinung und trotz seines unüberhörbaren S-Fehlers – gut herzeigbarer Festredner war er vielfach gefragt. Einmal entwand er sich einer offiziellen Einladung sogar mit der ridikülen Ausrede, er habe kein Geld für die Eisenbahnkarte. Das glückte freilich nicht immer. Und weil man als Festredner etwas Nettes sagen muss, lobte er einmal das deutsche Konzertwesen und ein andermal die Musikerziehung im Mussolini-Italien. Damit verschaffte er sich wahrscheinlich die Carte blanche für insgeheime Hilfeleistungen für seine jüdischen Studenten. So wusste etwa Herbert Zipper, der Komponist des Dachauliedes, zu berichten, dass Marx es war, der so manchem von ihnen zur Flucht verhalf.


Foto von Marx mit Herbert Zipper

Im Unterschied zu anderen in der Nachkriegszeit hoch geachteten Größen des österreichischen Musiklebens finden sich auch im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands keine belastenden Hinweise gegen Joseph Marx. Und einer, der über den Verdacht der Nazifreundlichkeit wohl erhaben ist, Ernst Fischer nämlich, schrieb Marx zu dessen 80. Geburtstag folgende Zeilen:
"Ihre Persönlichkeit, die jeden Teufelspakt zurückwies und zu keinem Zugeständnis an Eroberer und Machthaber bereit war, ist über die Grenzen dieses Landes hinausgewachsen... Ihre Phantasie ist nicht Rückzug der Wirklichkeit, und was melodisch in ihr tönt, ist ein tapferes Herz. Daraus wächst auch Ihr Humor, der das Gegenteil österreichischer Schlamperei ist, nämlich Attacke gegen alles Aufgeblasene, respektlose Haltung vor jeder Obrigkeit."

Zitat Ende


Inzwischen hat sich anhand einer neu erschlossenen Anzahl von Briefen herausgestellt, daß Marx viele jüdische Familien, die sich hilfesuchend an ihn gewandt hatten, durch Besorgung von Auslandsadressen und ähnlichen Diensten vor der unmittelbar bevorstehenden Deportation gerettet hat. Zudem hat Marx, wie ebenfalls durch Briefe belegt, alles in seiner Macht stehende getan, damit die in Kriegsgebieten befindlichen Soldaten, die er persönlich kannte (u.a. Schüler von ihm), und deren Einheiten aufgemuntert wurden, unter anderem durch die Organisierung musikalischer Veranstaltungen, denen die Soldaten dann beiwohnten oder gar selbst daran teilnahmen.

Doch auch das ist noch nicht alles: Inzwischen ist aus den Briefen der polnischen Musikwissenschaftlerin Zofia Lissa an Joseph Marx auch bekannt, daß dieser sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit großem Einsatz für die Wiederbelebung des polnischen Musiklebens eingesetzt hat, das unter dem Naziregime so sehr gelitten hatte.

Erst kürzlich erreichte mich von der Österreichischen Nationalbibliothek eine weitere interessante Information: Und zwar hat der Dirigent und Komponist Roderich Mojsisovics-Mojsvár, der dem Nazi-Regime in manchen Zeiten etwas zu nahe stand, seine Briefe an Funktionäre der Verwaltungspolitik (so beispielsweise an einen Stadtrat) mit "Heil Hitler!" unterschrieben, während er dies in seinen Briefen an Joseph Marx unterließ. Dasselbe trifft auf die Briefe des sehr NS-nahen Sängers Josef von Manowarda an Marx zu: Diese Briefe von Manowardas an Marx sind die einzigen, die dieser nicht mit dem Hitlergruß unterschrieb.

Zudem war Marx nach dem Zweiten Weltkrieg langjähriger Vertreter Österreichs in sämtlichen Jurys und Gremien der UNESCO und war in dieser Eigenschaft maßgeblich verantwortlich für den Wiederaufbau der vom Naziregime zerstörten internationalen Beziehungen des Landes. Somit ist undenkbar, daß Marx, dem ja von seinen Kritikern nach seinem Tode eine Nazinähe unterstellt wurde, sich im Zweiten Weltkrieg etwas zuschulden kommen ließ, denn ein Mann, der Dreck am Stecken hat, hätte nach dem Krieg auf keinen Fall genug Unterstützung gehabt, um in hohe Positionen zu gelangen (Marx wurde zwischen 1946 und 1950 Präsident zahlreicher Musikinstututionen und erhielt 1950 sogar als erster den Großen Österreichen Staatspreis für Musik) und gar als UNESCO-Botschafter tätig werden zu können. Auch darf nicht vergessen werden, daß sich kein einziger von Marxens jüdischen Freunden (wie die Korngold-Familie, Herbert Zipper, Erich Zeisl, Marcel Rubin u.v.a.) sich nach dem Weltkrieg von Marx abgewandt hat - sondern ganz im Gegenteil, die Verehrung für Joseph Marx nahm dann sogar noch zu, wie zahlreichen Briefen in der Nationalbibliothek zu entnehmen ist.

Nochmals zur Erinnerung: Wir sprechen weiterhin über dieselbe Persönlichkeit, die in manchen falsch informierten Kreisen der österreichischen Musikwelt noch immer als "Nazi-Freund" gebrandmarkt ist und deren Name und Kompositionen in Österreich nicht selten als "Tabu" angesehen und nur unter vorgehaltener Hand ausgesprochen werden, wie mir mehrfach berichtet wurde.


Ist es nicht doch ein Beweis für eine nationalistische Einstellung, daß in manchen der von Marx vertonten Lieder die Schönheit Österreichs im Vordergrund steht und er in seinen Reden und Schriften des öfteren auf die Bedeutung der "deutschen Kultur" hingewiesen hat?

Wie oben angedeutet, hat Marx häufig vom hohen Stellenwert der "deutschen Kultur" gesprochen. Kann man wenigstens hieraus auf eine tendenziell nationalsozialistische Haltung schließen? Diesbezüglich ist nur darauf hinzuweisen, daß Marx sich als Künstler und kreativer Mensch ganz und gar darüber im klaren war, wieviel die Kultur Österreichs und sogar der gesamten Welt den früheren Dichtern, Komponisten und Denkern des deutschsprachigen Raumes zu verdanken hatte. Dies ist eine allgemein bekannte und auch in der Gegenwart weltweit gewürdigte Tatsache, die trotz des politisch brisanten Umfelds der damaligen Jahrzehnte nicht nur von Marx, sondern auch von vielen anderen seiner im Bereich der Kunst, Literatur und Musik tätigen Zeitgenossen zur Sprache gebracht wurde, ohne daß irgendjemand dies mit einem übertrieben nationalistischen Hintergrund assoziiert hätte. Wenn die obige Frage legitim ist, läge dann analog hierzu nicht beispielsweise die geradezu groteske Schlußfolgerung nahe, daß auch die Sprachforscher und verschiedenen Vereine, die sich seit Jahren für den Schutz der deutschen Sprache einsetzen, mit einer stark nationalistischen, ja vielleicht sogar nationalsozialistischen Haltung in Verbindung stehen?

Abgesehen davon, daß ein Großteil seiner Lieder lange vor der NS-Zeit entstanden ist, handeln viele der von Marx zu Liedern vertonten Gedichte und Texte von zwischenmenschlicher und mystischer Liebe und eben von einer tiefen Verbundenheit mit der Natur. Daneben hat Marx auch einige Gedichte vertont, in denen ein gewisser Hang zur Vaterlandsliebe eine tragende Rolle spielt. Ist es legitim, wenigstens hieraus zu schließen, daß Marx ein "Nazi-Freund" gewesen sein könnte? Marx' Patriotismus beschränkte sich auch hier auf die Huldigung der landschaftlichen Schönheit und des oben erwähnten, von deutschsprachigen Dichtern hinterlassenen kulturellen Erbes, denn wie er selbst immer wieder hervorhob und wie man seinen Werken deutlich anhört, stellte Marx immer nur das Streben nach dem "Schönen" in den Mittelpunkt und lehnte jedes dem bloßen Intellekt entsprungene Werk als Nichtkunst ab. Somit mußte auch die Vorlage für seine Musik, also das Gedicht, seinen hohen Ansprüchen genügen. Seine an sich selbst gestellten hohen Anforderungen untermauerte er indes mittels der impressionistischen Klangwelt seiner Werke, was besonders deutlich hervortritt in seinen Hymnen an seine geliebte Jahreszeit, den Herbst, und in den übersprudelnden Schilderungen seiner Eindrücke aus den vielen Italienreisen. Durch seinen auch in den obengenannten Interviews von ihm selbst mehrfach erwähnten starken Hang zum Mediterranen (auch dadurch, daß seine Großmutter Italienerin und seine Mutter Halb-Slawin war) sowie seine Vorliebe für Komponisten wie Albéniz und Respighi erweist sich der gegenüber Marx gelegentlich erhobene Vorwurf des übertriebenen Patriotismus als unbegründet.





Auf die Gefahr hin, daß sich im folgenden Abschnitt einige Einzelinhalte, die bereits weiter oben erwähnt wurden, wiederholen werden, entstand nach einigen weiteren Diskussionen mit Fachleuten die Notwendigkeit, den folgenden Abschnitt hinzuzufügen.

Was geschah denn nun eigentlich im musikalischen Österreich zwischen den beiden Weltkriegen und danach? Und vor allem: Was hat das alles mit der in den letzten Jahrzehnten erlebten Vernachlässigung der Werke von Joseph Marx zu tun?

Das Problem ist eine Medaille mit zwei Seiten: eine musikwissenschaftliche und eine kulturpolitische.

Aus musikwissenschaftlicher Sicht: In den Jahren 1905-09, also während seines Studiums, führte Marx umfangreiche musikpsychologische Experimente mit mehreren Tausend Versuchspersonen verschiedenen Alters und unterschiedlichen Bildungsgrades durch. Diese führten zu dem Ergebnis, daß die Tonalität höchstwahrscheinlich ein universelles Naturgesetz sei, dem die menschliche Wahrnehmung und Psychologie unterworfen seien. Die wissenschaftliche Argumentation in seinen Dissertationen sowie in seinen vielen späteren Artikeln im Zusammenhang mit der menschlichen Wahrnehmung des Dreiklangs und anderer harmonischer Strukturen sowie der Tendenz des menschlichen Gehörs, Dissonanzen automatisch in tonale, wohlklingende Akkorde umzuwandeln (durch "Hinzuhören" von Tönen, die gar nicht gespielt worden waren), wurden teilweise von der modernen Wissenschaft bestätigt und sind auch durch die Tatsache belegt, daß der tonale Dreiklang in nahezu sämtlichen Kulturen der Welt einschließlich der Musik der Naturvölker seit jeher ein Grundprinzip darstellt.

Marx hat seine Experimente aus den Jahren um 1909 übrigens unter Mitwirkung von Alexius von Meinong und dessen berühmtem Schüler Vittorio Benussi erarbeitet, die zu den führenden Experimental- und Erkenntnispsychologen Österreichs zählten. In Anbetracht seiner Ergebnisse, die damals bahnbrechend waren und von einer ganzen Generation angehender Musikwissenschaftler übernommen wurden, MUSSTE Joseph Marx also davon ausgehen, daß alle atonalen, polytonalen und sonstigen "mit dem Intellekt konstruierenden" Kompositionstechniken einem universellen Naturgesetz widersprachen, so daß er von da an, bis zu seinem Tode, daran festhielt, daß die Tonalität das einzig gültige Prinzip sei. An dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, daß Marx im Hinblick auf seine Tonalitätstheorie erstaunlich flexibel war, und zwar nicht nur als Komponist von Werken mit zahlreichen dissonanten Passagen, sondern auch als Juror bei Kompositionswettbewerben, wenn er gelegentlich auch Werke von Avantgardisten lobte, die, wenn auch sehr experimentell, wenigstens noch tonale Elemente enthielten. Laut Marx war die völlige Ausnutzung sämtlicher Möglichkeiten der Tonalität erlaubt, und er hatte nichts gegen Dissonanzen und erlaubte sogar Atonales, solange "die komponierte atonale Struktur harmonisch ist und wenigstens eine interessante Klangwirkung erzeugt". In diesem Zusammenhang berief Marx sich stets auf die sehr fortschrittlichen Spätwerke von Scriabin und auf einige Werke von Debussy und anderer Komponisten, die man durchaus als postimpressionistisch bezeichnen kann.

Dennoch muß natürlich gesagt werden, daß es inakzeptabel von Marx war, seine verschiedenen Kompetenzen dazu auszunutzen, einigen Musikern der Avantgarde Steine in den Weg zu legen, doch man darf hier nicht vergessen, daß Marx lediglich eine der führenden Figuren einer ganzen Generation tonaler österreichischer Komponisten war, die dasselbe taten wie er.

Und so leiten wir über zur zweiten Seite des Problems, der kulturpolitischen. Die österreichische Musik zwischen 1922 (als Marx in der Wiener Musikwelt "an die Macht" kam und ungefähr gleichzeitig die Zwölftonmusik etabliert wurde) und ca. 1960 war hauptsächlich auf zwei verfeindete Gruppen aufgeteilt: Die tonalen Komponisten (unter der Ägide von machtvollen "Vaterfiguren" wie Joseph Marx) und die Anhänger der Zweiten Wiener Schüle von Arnold Schoenberg einschließlich deren zweiter Generation. Die Atonalen (von denen ironischerweise sehr viele ihr Handwerk bei Joseph Marx erlernt hatten) besaßen auch einige mächtige Repräsentanten. So entstand ein offener Krieg zwischen diesen beiden Gruppen, der auf verschiedenen Ebenen ausgetragen wurde.

Folgendes ist nun Joseph Marx vorzuwerfen:

1. Er mißbrauchte im Rahmen des Machtkampfes zwischen der tonalen und der atonalen Musikwelt hin und wieder seine Kompetenzen, um Musikern der Avantgarde Steine in den Weg zu legen, natürlicherweise in der Absicht, das Prinzip der Tonalität durchzusetzen.

2. Er ließ zu, daß der Ständestaat (die erzkonservative österreichische Regierung 1933-38), dem er von 1934 an als Staatsrat für Kulturfragen angehörte, und später auch das Naziregime (ab 1938) ihn aufgrund seiner vorherigen Machtstellung bis zu einem gewissen Grade ausnutzte. Aber warum? Weil dies für ihn eine gute Möglichkeit bot, in seinen Reden eine Rückbesinnung auf die tonale Musik und die damit verbundenen traditionellen Werte zu propagieren.


Wichtiger Hinweis: Marxens Tätigkeit im Ständestaat als Staatsrat für Kulturfragen wurde ihm später oft zum Vorwurf gemacht. Ich sage jedoch: Was hätte ein Mann wie Marx, der 1933 als der führende Komponist und Musikfunktionär Wiens galt und in kulturellen Fragen als eine Art "Gott" betrachtet wurde, denn sonst tun sollen? Er tat das, was er am besten konnte, nämlich in Sachen Kultur beraten. Wäre 1933 bzw. 1938 ein kommunistisches Regime oder eine beliebige andere politische Richtung an die Macht gekommen, hätte Marx ohne jeden Zweifel genau dasselbe getan, weil er eben ein Musik- und Kulturmensch durch und durch war und sich strikt aus der Politik rausgehalten hat. Der Vorwurf, Marx sei in jedem herrschenden System jeweils "oben aufgeschwommen", ist somit eine absurde Verkehrung von Tatsachen, die offensichtlich allein dazu dienen soll, Marx zu verunglimpfen. Außerdem weiß jeder gut Informierte, daß unter den tonalen Komponisten nur ein winziger Prozentsatz Widerständler waren und daß die große Mehrheit (wir sprechen hier über viele hundert Komponisten und andere Musiker!) widerstrebend mitgemacht hat. Daß Marx später - vor allem nach seinem Tode - als jahrzehntelange Gallionsfigur der tonalen Komponisten als Hauptsündenbock herhalten mußte für eine ganze Generation von Komponisten und Musikern, die nun mal keinen öffentlichen Widerstand geleistet und aus Protest das Land verlassen haben, sondern dageblieben und den Umständen entsprechend ihrer Arbeit weiter nachgegangen sind, ist in der aufgeklärten Zeit, in der wir heute leben, nicht mehr hinnehmbar und hat hiermit hoffenlich ein für allemal ein Ende.

Wenn man sich nun mal im Vergleich zu Joseph Marx Persönlichkeiten wie Richard Strauss, Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan u.v.a. anschaut, wird man feststellen, daß beispielsweise im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (der gegen den 1938 erfolgten "Anschluß" Österreichs an Nazideutschland opponierte) sowie in anderen als Beweismittel anführbaren Quellen massenweise belastende Fakten vorhanden sind, während in diesen Quellen keinerlei Hinweise auf eine NS-bezogene Schuld von Joseph Marx zu finden sind. Dennoch glauben immer noch weite Teile Österreichs an das Märchen von Marx als dem mächtigen Nazisympathisanten, vergessen jedoch dabei, daß dieser Irrtum mitunter von jenem Kreis in die Welt gesetzt wurde, den Marx zuvor in seiner musikalischen Entfaltung behindert hatte, nämlich von Mitgliedern der Avantgarde, die nach dem Tode von Marx ihren Rachefeldzug starteten und ein Bild von ihm verbreiteten, das ganz und gar nicht den Tatsachen entsprach (wie in diesem Artikel weiter oben vielfach gezeigt wird). Dieser Kreis von Musikern konnte sich ja sicher sein, daß der 1964 verstorbene Marx sich natürlich nicht mehr dagegen zur Wehr setzen konnte und Marxens Mitstreiter im Laufe der 60er Jahre praktisch weg vom Fenster waren. Dies ist z.B. belegt durch die Tatsache, daß der Große Österreichische Staatspreis - der 1950 noch an Marx selber ging und in den Fünfziger Jahren noch überwiegend an tonale Komponisten vergeben worden war - in den Sechziger Jahren fast ausschließlich modernen Musikern verliehen wurde.

Ein weiterer Grund für die Unterdrückung Marxscher Werke nach seinem Tode:
Marx hat besonders während der letzten zwei Jahrzehnte seines Lebens zahlreiche hohe Funktionen des Wiener Musiklebens bekleidet. So war er gleichzeitig Präsident einer ganzen Reihe bedeutender Institutionen wie AKM, Mozartgemeinde, Österreichischer Komponistenbund, Gesellschaft zur Herausgabe von Denkmälern der Tonkunst und einige mehr. Auch dort, wo er weder Präsident noch Ehrenpräsident/-mitglied war, besaß er einen enormen Einfluß auf "Chefsache"-Entscheidungen. Sämtliche Quellen aus der damaligen Zeit, egal ob Kritiker oder Befürworter von Marx, schilderten ihn besonders in den Jahren 1950-60 als - ich zitiere - "nahezu allmächtige Figur des österreichischen Kultur- und Musiklebens". Immer wieder liest man in Schriften aus der damaligen Zeit und in den Memoiren damaliger Komponisten, daß Marx "als der führende Vertreter der ernsten (und tonalen) Musik Österreichs" angesehen wurde und "sein Wort uneingeschränkt Geltung hatte". Mit einer derart umfassenden Machtstellung stellt Joseph Marx in der österreichischen Musikgeschichte des Zwanzigsten Jahrhunderts mit Sicherheit ein einzigartiges Phänomen dar und dürfte schon allein deshalb eine der kontroversesten Persönlichkeiten jener Jahrzehnte schlechthin gewesen sein. Daher kann man sich gut vorstellen, wieviele Neider Joseph Marx gehabt haben muß, mit Sicherheit nicht nur aus dem "feindlichen" Lager (Moderne), sondern auch aus den eigenen Reihen. Nicht wenige werden daher froh gewesen sein, als Marx mit seinem Tod im Jahre 1964 "endlich weg" war. Und so darf es nicht verwundern, daß man sich in der Zeit danach mit Erfolg darum bemüht hat, Marxens Werke aus den Konzertsälen weitestgehend fernzuhalten.

Nach alledem war es eine Selbstverständlichkeit, daß nach Marxens Tod ganz gezielt dafür gesorgt wurde, daß die jahrzehntelangen, unermüdlichen Leistungen und Verdienste dieses Mannes unter den Tisch gekehrt wurden und er in den Musikgeschichtsbüchern und biographischen Artikeln möglichst einseitig, nämlich nur noch als erzkonservativer Reaktionär, Erwähnung fand.

Die durch vorliegende Briefe an Joseph Marx (u.a. in einem Brief des Direktors der Universal Edition an Joseph Marx aus dem Jahre 1937) und mir persönlich überlieferte Berichte von Vertretern des Grazer Musiklebens belegten häufigen Verwechslungen mit seinem Namensvetter Karl Marx (1897-1985), der zur Zeit des Dritten Reiches ausgerechnet in Joseph Marx' Heimatstadt Graz als Professor für Komposition gewirkt und Auftragswerke für die Nationalsozialisten (u.a. Lieder und Gesänge für die Hitlerjugend) komponiert hatte, taten ihr Übriges. So kam es in den Jahren und Jahrzehnten nach dem Tod von Joseph Marx (1964) immer wieder willkürlich zu öffentlichen politischen Verdächtigungen seiner Person. Dies erreichte seinen Höhepunkt darin, dass sein Name vor allem in Graz nur noch hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen werden durfte und der 1947 gestiftete Joseph-Marx-Musikpreis des Landes Steiermark umbenannt wurde.

Aber warum glauben auch heute noch weite Teile der österreichischen Musikwelt im Zusammenhang mit Marx an eine "fragwürdige (braune) Vergangenheit"? Weil Österreich über lange Zeit hinweg ein großes Problem mit seiner eigenen Vergangenheit zur Zeit des "Anschlusses" hatte und teilweise immer noch hat. Beinahe jeder Österreicher wird wohl irgendeinen Verwandten (gehabt) haben, der dem Ständestaat gegenüber nicht die nötige Distanz an den Tag gelegt und evt. nach Hitlers Machtübernahme in Österreich "mitgemacht" hat. Österreich hat diesen Umstand offensichtlich noch nicht in vollem Umfang aufgearbeitet und verarbeitet, aber es sind in den letzten Jahren immerhin aktive Bemühungen zur Aufarbeitung der Thematik unternommen worden. Dennoch darf nicht verschwiegen werden, daß dieses Thema in vielen Bereichen des österreichischen Lebens auch heute noch so etwas wie ein Tabuthema ist. Der Name Marx wurde sogar noch während meiner umfangreichen Erstrecherche Anfang 2001, bei der ich mit Hunderten von Fachleuten sprach, nur hinter vorgehaltener Hand erwähnt (!), und er wird auch heute noch von vielen als Komponist mit "fragwürdiger Vergangenheit" bezeichnet.

Wie man sich leicht denken kann, steht die Tatsache, daß Marxens größere Werke in den vergangenen ca. vier Jahrzehnten praktisch kaum aufgeführt wurden, in direktem Zusammenhang mit diesem politisch-historischen Problem Österreichs, und die Vergessenheit seiner Werke wurde begünstigt durch den Kampf zwischen den tonalen und atonalen Musikern, den die zweite Generation der Avantgarde schließlich mit dem Tode von Marx in den Sechzigern für sich entschieden hat, wie oben gezeigt wurde. Ich als Außenstehender sehe in Österreich ein großes Problem in der übertriebenen politischen Korrektheit. Einigen kulturellen Institutionen Österreichs scheint beim Klang des Begriffes "Traditionalist" im Zusammenhang mit bereits verstorbenen Komponisten ein Schauer über den Rücken zu laufen, weil es wohl direkt mit "Ständestaat" oder gar "NS-Regime" in Verbindung gebracht wird. Es ist somit in Österreich eine Tendenz zu erkennen, jede als "reaktionär" überlieferte Haltung ohne jedes Hinterfragen zu verteufeln und ein modernes, nach vorn schauendes Kultursystem zu propagieren, doch leider scheint hierzu auch die kontinuierliche Unterdrückung von Komponisten mit "fragwürdiger Vergangenheit" wie Joseph Marx zu gehören, deren "Musik einfach nicht zeitgemäß" sei. Dieses Argument ist jedoch vor allem aus musikalischer Sicht völlig inakzeptabel. Das Konzertpublikum hat die spätromantische Musik seit jeher geliebt und gerne gehört, daran muß mal an dieser Stelle erinnert werden. Und glücklicherweise haben viele österreichische Musikveranstalter dies alles erkannt und in den letzten Jahren dafür gesorgt, daß man sich nun relativ unvoreingenommen und schlagwortfrei mit der Musik der Spätromantiker - die nun mal das große Pech hatten, während der "heiklen Jahre" 1933-45 gelebt zu haben - befaßt. Man scheint in Österreich nun doch zu begreifen, daß die Spätromantik für das Zwanzigste Jahrhundert mindestens ebenso prägend war wie die musikalische Avantgarde. Daher ist es sehr zu begrüßen, daß nun auch diese Musikepoche endlich zu ihrem verdienten Recht kommt und immerhin durch gelegentliche Konzerte und CD-Einspielungen gewürdigt wird, wobei aber unbedingt darauf hinzuweisen ist, daß diese CD-Einspielungen bislang hauptsächlich auf das Konto nichtösterreichischer Labels (wie z.B. des deutschen Raritätenlabels CPO) gehen. Daher sollten nun vor allem die österreichischen Konzertveranstalter aktiv werden und sich vergegenwärtigen, was für Schätze in den Regalen der Musikverlage vor sich hin schlummern und auf ihre Wiederentdeckung warten!

Manche halten übrigens die Tatsache, daß Marx keine einzige Oper komponiert hat, für einen der Gründe für die vergleichsweise geringe Aufführungshäufigkeit Marxscher Orchesterwerke. Herbert Johannes Gigler bezeichnete dies im Jahre 1932 als Hauptursache dafür, daß Marx in Deutschland nicht sehr bekannt war: "In Deutschland wäre eine durchgefallene Oper für den Erfolg günstiger als ein halbes Dutzend guter Sinfonien."

So gesehen ist es sicherlich kein Zufall, daß sehr viele Österreicher ihre Dankbarkeit mir gegenüber bekundeten und sagten, daß ich durch meine Arbeit für Joseph Marx ein Stückweit auch den österreichischen Prozeß der "Ehrlichkeit zu sich selber", der Abkehr von Tabuisierungen und der Offenheit gegenüber dem Unbekannten fördere. Allerdings sagen sie immer dazu: "Ihre Website ist leider ein typisch deutsches Produkt. Eine solche Website wäre für einen Österreicher heute immer noch undenkbar." (Anm.: Ich lebe in Deutschland.) Ich hoffe daher, daß ich mit meiner Internetseite und insbesondere mit diesem Artikel einen kleinen Beitrag in dieser Richtung leisten konnte und man sich in Österreich ein Beispiel daran nimmt.

Um schließlich auch noch auf die Qualtät der Werke von Joseph Marx (im Hinblick auf ihre totale Vernachlässigung) zu sprechen zu kommen: Egal ob man seine Lieder, seine Klavier- und Kammermusik oder seine Orchester- und Chorwerke betrachtet, dem Komponisten Joseph Marx wurde in allen Epochen von Musikwissenschaftlern, Kritikern und Musikern - auch von den heutigen Kritikern - ein außergewöhnlich hoher Grad der Meisterschaft bescheinigt, übrigens auch von einigen Avantgardisten, die ihm in ihren Memoiren immerhin für seine fachliche Autorität auf musikalischem Gebiet Anerkennung gezollt haben. Der weltweite Erfolg seiner Lieder in den ersten Jahrzehnten des Zwanzigsten Jahrhunderts hat zweifellos dazu geführt, daß sein gesamtes sonstiges Schaffen in den Schatten seiner Lieder geriet und er somit nur noch als "Liederkomponist" in aller Munde war. Und da es aus den oben ausgeführten Gründen über sehr lange Zeit hinweg keinerlei Förderung von Marxens Musik in Österreich gab (besser gesagt: "geben durfte") - man vergegenwärtige sich die Tatsache, daß in Österreich bis zum heutigen Tage noch nicht mal eine "Joseph-Marx-Gesellschaft" existiert! (dies hat sich auf meine persönliche Initiative hin im April 2006 glücklicherweise geändert; die sehr prominent besetzte Joseph-Marx-Gesellschaft hat ihre eigene Internetseite) -, gerieten seine übrigen Werke nach seinem Tod in nahezu völlige Vergessenheit, bis ich schließlich mit meiner Website erstmals eine international verfübare Wissensquelle zur Verfügung stellte und so glücklicherweise mit dazu beitragen konnnte, daß Marx zum einen in Österreich langsam wieder "salonfähig" wird (siehe z.B. die erfolgreiche "Herbstsymphonie"-Aufführungen in Graz im Oktober 2005) und er nun auch die verdiente Anerkennung als einer der außergewöhnlichsten Symphoniker der spätromantischen Epoche erlangt. Peinlich genug, darauf hinweisen zu müssen, daß Joseph Marx dieses hohe Ansehen in so wichtigen Musikregionen wie England und Amerika zu allen Zeiten genossen hat und seine Werke von den namhaftesten Dirigenten des Zwanzigsten Jahrhunderts aufgeführt wurden (u.a. Ferdinand Löwe, Felix Weingartner, Robert Heger, Clemens Krauss, Fritz Reiner, Arthur Nikisch, Oswald Kabasta, Karl Böhm, Zubin Mehta, Marek Janowski u.a.).



FAZIT

Die obigen Ergebnisse zeigen, daß die gegen Joseph Marx erhobenen Anschuldigungen weitgehend auf einer Verkehrung oder zumindest auf Unkenntnis vieler Tatsachen beruhen. Man gewinnt den Eindruck, daß jene, die den Grundstein für die Beschuldigungen gelegt haben, Einzelereignisse nicht in ihrem Gesamtzusammenhang betrachtet, sondern aus dem Kontext herausgerissen haben müssen, zweifellos auch in der eigennützigen Absicht, eine ganz bestimmte Meinung über Marx zu verbreiten, die jedoch kaum die wahren Begebenheiten jener Zeiten wiederspiegeln kann und der so vielfältigen Persönlichkeit des Joseph Marx in keiner Weise gerecht wird. Doch man sollte sich hier auch davor hüten, die Urheber der oben geschilderten voreiligen Behauptungen in einer ähnlich unsachlichen Weise zu verurteilen: Schließlich hat es bis zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Internetseite noch keine umfassende Forschungsarbeit und Veröffentlichung wie diese gegeben, in der die obigen Fakten in ihrer gesamten Fülle bekannt geworden wären. Genau deshalb habe ich diesen Aufsatz geschrieben: um aufzuklären und daran zu erinnern, daß es der Wahrheitsfindung am ehesten dienlich ist, die Dinge stets von allen Seiten zu beleuchten und immer dazu bereit zu sein, bisher Geglaubtes in Frage zu stellen und evt. sogar völlig umzudenken. Allerdings muß man hierzu manchmal einige Denkmuster über Bord werfen und dafür offen sein, sich auf die ganze Wahrheit einzulassen, anstatt sich nur den bequemen Teil herauszupicken. Und dies fällt wohl vielen leider schwer.
Aber davon mal ganz abgesehen: Wer möchte schon gern in der Haut derer stecken, die bereits lange vor Beginn der NS-Zeit ein öffentliches Leben geführt hatten und somit nach der Machtübernahme durch das NS-Regime automatisch unter Druck standen? Kann es überhaupt eine objektive Berechtigung dafür geben, Menschen wie Joseph Marx für manch schwierige Entscheidung, die sie zu der damaligen Zeit treffen mußten und deren Tragweite wir heute kaum zu verstehen vermögen, im nachhinein derart abzustrafen? Es ist endlich an der Zeit, Joseph Marx die verdiente Anerkennung zu zollen für das, was die österreichische Musik des Zwanzigsten Jahrhunderts sowie unzählige Künstler aus aller Welt gerade ihm zu verdanken haben!

*

Mit herzlichem Dank an Frau Dr. Rosemary Hilmar von der österreichischen Nationalbibliothek (Handschriftensammlung) für ihre unermüdliche Arbeit bei der Erschließung des von der Nationalbibliothek verwalteten riesigen Musikerbriefe-Nachlasses. Für weitere Recherchen im Nachlaß empfehle ich die
  Datenbank der Musikerbriefe.


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Gästebuch
   
Marx
im ORF
Hier sehen Sie die einzig existierenden Filmaufnahmen von Joseph Marx


EIN NEUJAHRSHYMNUS & BERGHYMNE
von Joseph Marx


Orchestriert von
St. Esser & B. Haydin


* * * verlegt bei der Universal Edition * * *

Hier weitere Infos und Hörbeispiele (MP3)



24. und 25. Oktober 2005

Das Grazer Orchester recreation - Großes Orchester Graz
spielte unter der Leitung von Michel Swierczewski die


HERBSTSYMPHONIE

(Stefaniensaal in Graz, Österreich)

* * *   Erste Aufführung seit fast 80 Jahren   * * *

Der Autor dieser Website hat diesem seltenen, bedeutenden
Ereignis beigewohnt und berichtet hier ausführlich über die
großartige Rezeption in der österreichischen Presse


Die Joseph-Marx-Gesellschaft hat eine eigene Internetseite:


joseph-marx-gesellschaft.org


Joseph-Marx-Gesellschaft

Alle Anfragen an die Joseph-Marx-Gesellschaft (z.B. Spenden- und Beitrittsgesuche) sind an Herrn Berkant Haydin, Generalsekretär der Joseph-Marx-Gesellschaft, zu richten. Da die Gesellschaft sich ausschließlich über private Spenden und Fördergelder finanziert, wird hiermit um rege Beteiligung gebeten.



www.joseph-marx.org ist eine von Berkant Haydin gestaltete, rein private Homepage,
die im Dienste der Information über Joseph Marx und der Freude an seiner Musik steht.


www.joseph-marx.org ist nicht mit der o.g. Website der Joseph-Marx-Gesellschaft zu verwechseln.

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