Fono Forum, Ausgabe Juni 2005

Retten!

Wilhelm Furtwängler nannte ihn den "Führer des musikalischen Österreich". Da war die Komponistenlaufbahn von Joseph Marx (1882-1964) schon vorbei. Gegen Ende hatte sie noch eine erstaunliche Wendung von impressionistischer Spätromantik hin zu einem Klassizismus vollzogen, in dem der Autodidakt Marx geistige Werte gegen die politischen Unbilden der Zeit zu konservieren suchte. So zitiert er in den vier "Alt-Wiener Serenaden" (1942) Motive von Carl Michael Ziehrer und Joseph Haydn. Die "Sinfonia in modo classico" (1944) und die "Partita in modo antico" (1945) beziehen sich auch formal auf Haydn. Beide werden von einem Sonatenhauptsatz eröffnet, dessen Kopfthema im Fugenfinale wieder auftaucht. In der Partita erweitert Marx noch das Verständnis des Klassischen in der Musik, indem er nicht nur auf die streng polyphone Satztechnik der Renaissance, sondern auch auf Kirchenmodi zurückgreift.

Die beiden letztgenannten Werke sind Orchestrierungen von Streichquartetten, die unter demselben Label bereits durch das Lyric Quartet eingespielt wurden. Nun droht das Engagement für Marx jedoch zu erlöschen: Wie Berkant Haydin, Autor der sehr informativen Website www.joseph-marx.org, uns mitteilte, denkt man bei ASV darüber nach, die Edition der Orchesterwerke einzustellen. Dagegen würde helfen, diese dritte Folge verstärkt zu kaufen. Und das lohnt sich.

Ideal treffen Steven Sloane und die Bochumer Symphoniker den mehr resignativ retrospektiven denn aktiv kräftigenden Tonfall dieser oft wie Traumerinnerungen wirkenden Musik und erzeugen so bisweilen ein Gefühl der absoluten Zeitenthobenheit. Wunderbar unterstützt werden sie durch den leicht diesigen Raumklang der Wuppertaler Stadthalle.

Jörg Hillebrand

Musik: 4 von 5 Sternen
Klang: 4 von 5 Sternen


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