Zusatztext zum Booklet der CD "Frühlingssonate" von Joseph Marx, gespielt von Vasa Prihoda (Label: Podium)

Aufgrund einiger inhaltlicher Ungereimtheiten im Booklet-Text zur vorliegenden CD wurde ich vom Produzenten, Herrn Wolfgang Wendel, gebeten, einige korrigierende und auch biographische Daten beizutragen. Festzuhalten ist, daß Marx zwei Violinsonaten schrieb: Die 1. Violinsonate in A-Dur aus dem Jahre 1913, bestehend aus vier Sätzen mit einer Gesamtaufführungsdauer von ca. 1 Stunde, deren letzter Satz "Phantasie und Fuge" auch gesondert erschienen ist, sowie die auf dieser CD eingespielte dreisätzige 2. Violinsonate ("Frühlingssonate") in D-Dur von 1945 (laut Universal Edition bereits 1944 entstanden).

Schon in sehr jungen Jahren bildete Joseph Marx, aus dem später einer der angesehensten und einflußreichsten Komponisten, Musikpädagogen und -kritiker Österreichs werden sollte, sich zu einem exzellenten Pianisten heran, so daß sein Klavierlehrer Johann Buwa einmal sogar ausrief: "Das wird ein zweiter Rubinstein!" Marx setzte seine musikalischen Aktivitäten ambitioniert fort und wurde auch zu einem sehr guten Geiger und Cellisten. Als Teenager fertigte er kammermusikalische Arrangements von Werken Haydns und Schuberts und führte diese mit Freunden in Wirtshäusern auf. Später schrieb Marx zahlreiche Klavier- und Orgelstücke, rund 150 Lieder sowie Kammermusik (u.a. Werke für Cello & Klavier, ein Klaviertrio, drei Klavier- und drei Streichquartette). Zudem entstanden eine Reihe von herrlichen Chor- und Orchesterwerken, auf die man jedoch erst vor kurzem aufmerksam wurde.

Die auf der vorliegenden CD eingespielte, 1945 komponierte "Frühlingssonate" ist eine der letzten Schöpfungen des Komponisten, und doch finden wir in ihr ganz und gar seine ursprüngliche, spätromantische Geisteshaltung wieder. Marx zitiert hier mehrere Themen aus seinen anderen Werken, wie z.B. aus der 1. Violinsonate von 1913, die mit genau demselben Thema - nur in anderer Tonart - beginnt, aber auch aus dem "Romantischen Klavierkonzert" und der "Symphonischen Nachtmusik".

Bereits im ersten Satz Allegro espressivo, beginnend mit einem der Lieblingsthemen des Komponisten, erleben wir den ganz spezifischen Marxschen Klaviersatz, der durch eine farbige Orchestralität und ausgefeilte Harmonik besticht. Die Violinenstimme ist liedhaft, fast schon sopranistisch angelegt und erzählt von Marxens Vergangenheit als Liederkomponist in jungen Jahren. Das überaus kantable Hauptthema erscheint in Variationen wieder, und es wechseln sich lebhafte Abschnitte, die pianistisch an Rachmaninovs Klaviersatz erinnern, mit ruhigen, sehr wienerisch gehaltenen Passagen ab.
Der recht kurze zweite Satz Allegretto steht in dem für Marx untypischen Moll und ist eine nachdenkliche Serenade im 6/8-Takt, die mit ihren an den osteuropäischen Raum erinnernden Motiven durchaus volkstümlich wirkt.
In dem mit Moderato betitelten dritten Satz kehrt Marx zur Dur-Tonart zurück und läßt Anklänge an diverse Tanzthemen aus seiner "Herbstsymphonie" durchscheinen. Nach einer leidenschaftlichen Passage endet das Werk schwungvoll in der Haupttonart D-Dur.

© Berkant Haydin



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