"Natur-Trilogie" von Joseph Marx auf ASV: Kritik in Diapason, Ausgabe Juli/August 2003

Dieses pantheistische musikalische Kunstwerk in drei Sätzen schöpfte der Komponist aus seiner Inspiration durch den üppigen Reichtum der Wälder seiner steirischen Heimat. Wie Delius verband Marx eine nahezu spirituelle Bindung mit der Natur, deren Schönheit er in ungemein raffinierte Klänge zu übertragen vermochte. Doch nicht nur das: Tausende Stimmen hallen in dem von ihm perfekt beherrschten eleganten Kontrapunkt wider. Hier vertritt Marx eine künstlerisch gänzlich andere Richtung, als man es beispielsweise aus den Werken von Klimt kennt.

Der Titel des zweiten Satzes der Trilogie ("Idylle") lässt eine anmutige Vertonung erahnen, und so suggerieren kunstvoll eruptive Streicherstellen ein Gefühl der Ekstase. In rhythmischen 3ern, einem Wiener Walzer gleich, tanzt das Liebespaar unter dem Sternenzelt, während die Silhouette des tanzenden Fauns sich im Schattenspiel des Blattwerks abzeichnet.

Dieser musikalische Erotismus ist ein Kennzeichen des Wiener "Fin de Siecle", und Marx führt ihn, ausgehend von Mahler, Zemlinsky und Schreker, zu seinem Höhepunkt.

Das Plätschern der Harfen, die kristallenen Nuancen des Klaviers sowie der Celesta und des Glockenspiels - 4 Stimmen sind mit einer ungewöhnlich großen Orchesterbesetzung kombiniert, wohingegen ursprünglich die Streicher allein den Melodielauf innehaben sollten. Hier scheint sich Scriabin unter der Sonne Hollywoods gütlich zu tun, wo Korngold große Erfolge feierte. Jedenfalls hat der Hollywoodsche Filmmusikstil dem großen Wiener Musikprofessor und Pädagogen Joseph Marx viel zu verdanken. Die Kulminationen in der "Frühlingsmusik", jede einzelne großartiger als ihr Vorgänger, zelebrieren die Rückkehr des Frühlings, und man ist wie benommen beim Genuss dieser bacchantischen Orgien.

Die Kompositionen von Marx blieben lange Zeit hinter der Avantgarde verborgen, wurden jedoch von Kabasta, Kraus oder Reiner vor der Vergessenheit bewahrt. Mit Steven Sloane werden sie nun endgültig und mit innerer überzeugung wieder zum Leben erweckt. Die warm gefärbten Streicher der Bochumer Symphoniker spielen die Musik mit Wonne und vermeiden unnötige sentimentale Ausbrüche. Den Hedonisten und musikalischen Genussmenschen wird es freuen zu hören, dass diese CD nur die erste einer ganzen Serie aller Orchesterwerke des Komponisten ist.

Michel Fleury (in Diapason, Ausgabe Juli/August 2003)

(Aus dem Französischen übersetzt von Martin Rucker und Berkant Haydin)



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