Fono Forum, Ausgabe Januar 2005

Strauss und Film

Diese Orchesterlieder von Joseph Marx (1882-1964) sind beste Werbung für alle, die sich fragen, ob man im 20. Jahrhundert überhaupt noch spätromantisch-impressionistisch komponieren konnte. Dass dabei der Eindruck entsteht, Marx habe sich fleißig beim Kollegen Strauss bedient, muss ja nicht unbedingt gegen diese Werke sprechen; bei den "Maienblüten" etwa gibt es in Instrumentation und Melodieführung verflixt viele Anleihen.

Die Bochumer Symphoniker unter Steven Sloane haben 22 dieser Lieder eingespielt und dabei äußerst erfolgreich auf eine reine Begleiterfunktion verzichtet. Sie tragen im so gar nicht ungarischen "Zigeunerlied" die Klangfarben herrlich duftig auf, schaukeln durch die "Barkarole" mal wundersanft, mal aufschäumend und meiden im filmmusiknahen "Lieder" alles Triviale. Sloane setzt die Soloinstrumente selbstbewusst in Szene, gewährt der Flöte Ausgang und lässt die Harfe laufen, derweil die Streicher kollektiv im Piano verharren.

Die Stimmen von Anna Maria Blasi und Stella Doufexis fügen sich in diese Klanglandschaften wie selbstverständlich ein. Zwei Erzählerinnen, die nicht sich, sondern die Musik in den Vordergrund stellen. Wenn Blasi sich durch die "Selige Nacht" singt, wirken ihre Spitzentöne wie Leuchtkerzen. Sie bewahrt die Stücke durch einen stets kalkulierten, aber nie sterilen Klang davor, dass sie in ihrem mitunter sentimentalen Sinnenreiz wie von Zuckerguss überzogen scheinen. Bei Doufexis kommt eine bessere sprachliche Verständlichkeit hinzu; sie singt mit einem gewinnend sparsamen Einsatz der Stimme und mit natürlich abgerundeten Phrasen. Vielleicht fehlt es ihrem Gesang ein wenig an Magie, nicht aber an Ausdruck.

Christoph Vratz

Musik: 5 von 5 Sternen
Klang: 4 von 5 Sternen


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